Die aktuellen Metallskulpturen Hubert Riebers stehen in einer
Bildhauertradition, die menschliche Figur und geometrisch-abstrakte Form
verbindet. Eine wichtige Strategie, die der Bildhauer schon lange bei seinen
Holzskulpturen anwendet, aber bei der er durch die Eigenschaften
des hier gewählten Materials zu neuen künstlerischen Lösungen gelangt.
 
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Diese Vorgehensweise ermöglicht ihm mehr noch als früher, Figuren zu gestalten, ohne sofort in Diskussionen über ein festgelegtes Menschenbild hineingezogen zu werden.

Figur ist somit vorerst nicht nur eine inhaltliche sondern auch ein formale Angelegenheit. Aber man sollte nicht vergessen, dass es gerade bei dem Thema Figur kaum möglich ist, die beiden Elemente Form und Inhalt zu trennen. Der Betrachter wird auch bei einem hohen Abstraktionsgrad der Exponate über Maße und Proportionen immer wieder an den Menschen erinnert. Dabei ist aber gerade die Größe der Figurationen ein Mittel, das Rieber nutzt, um die Skulpturen vom Betrachter auf Distanz zu halten. W9durch sie zuerst einmal uneinnehmbar werden. Der Bildhauer versucht bei seinen Arbeiten eine durchschnittliche Körpergröße zu vermeiden, weil er nicht will, dass der Betrachter denken solle, es stehe ihm ein Mensch gegenüber. Es muss schließlich klar sein, dass es sich um eine Skulptur handelt, und die hat immer ihre eigene Lebensgröße. Die Figuren sind entweder kleiner oder größer als ihre Vorbilder. Die Stelen erscheinen in diesem Kosmos als schlanke, hoch aufgerichtete Formen. Lediglich mit einer vagen Ausprägung eines Kopfes werden sie zu Menschenabbildungen. Die flachen Figuren überzeugen durch die Eleganz der Linienführung, die Gliedmaße sind durch klare Konturen nur angedeutet.

Bei diesen auch als Schattenbilder zu interpretierenden Wesen eröffnet Rieber zudem ein Wechselspiel zwischen den Begriffen Bild und Skulptur. Die großformatigen Köpfe repräsentieren schließlich als pars pro toto den ganzen Menschen. Hubert Rieber hat sich bei den aktuellen Köpfen, Kopfstelen und Figuren zwar weitestgehend vom Naturvorbild entfernt. Der frühere Realismus, den er selbstbewusst anachronistisch in einer Zeit betrieb als die Mehrheit seiner Kollegen abstrakt arbeitete ist einer sehr nüchternen, reduzierten und prägnanten Formensprache gewichen. Aber gerade durch die Beschränkung auf das Wesentliche wird das behandelte Thema, die Beschäftigung mit der menschlichen Existenz, trotz der Negierung einer narrativen Komponente umso intensiver deutlich.

Riebers aktuelle Skulpturen, die mal als Solitäre, als Paare oder als Gruppen auftreten, rücken noch mehr als seine frühen, ausgeprägt figurativen Arbeiten in die Nähe von Denkmälern. Seine Standbilder jedoch stellt er nicht in den Dienst einer Sache, wie etwa in der Denkmalindustrie im 19. Jahrhundert, wo es ausschließlich darum ging, nationale Würdenträger zu ehren. Seine Standbilder bleiben dagegen neutral in ihrer Mimik und Gestik. In ihrer Attributlosigkeit und ihrer Anonymität führt er sie zu einer entzeitlichten Ruhestellung und erweist somit im Gegensatz zur Prominenten-Huldigung seiner Vorgänger jedem einzelnen Betrachter als Individuum seine Anerkennung, verbunden mit der Aufforderung zum Denken und zur Reflektion über sich und die Welt.

Stefan Simon